Wieso kompliziert, wenn es auch einfach geht? – Wie Sie mit der richtigen Verhandlungsstrategie einer Einigung den Weg ebnen
17. Januar 2018Mit „einmal hü und einmal hott“ zum Big Deal
1. Februar 2018Mensch, wie gemein ist das denn bitte, wenn der Einkauf Ihnen Ihr liebstes Spielzeug wegnimmt … die Zeit. Schließlich ist der Faktor Zeit – neben Information – der Aspekt in der Verhandlung, über den Sie als Vertriebler am ehesten Macht ausüben und Druck aufbauen können.
Und dann kommt der Einkauf daher und legt mal eben fest: „Wir können hier nicht langwierig verhandeln, wir stehen unter massivem Zeitdruck. Machen Sie uns am besten jetzt gleich Ihr bestes Angebot, um das Ganze abzukürzen.“
Nach dem Versuch einer solchen Hauruck-Aktion vonseiten des Einkaufs stehen Sie natürlich erstmal wie vom Donner getroffen da und sehen Ihre Felle ganz schnell davonschwimmen. Haben Sie Ihre sauber ausgearbeitete Verhandlungsstrategie ganz umsonst vorbereitet? Auf keinen Fall!
Keep cool, baby!
Als Vertriebler sind Sie in der Regel versucht, dieses Spiel des Einkaufs mitzumachen, weil Sie den Auftrag natürlich für sich entscheiden wollen. Sie bewegen sich also gleich an Ihre rote Linie und geben Ihr bestes Angebot raus, weil Sie der Überzeugung sind, dass der Einkauf am längeren Hebel sitzt. Dabei hatten Sie Ihren ersten Schritt – ein kleines Entgegenkommen verknüpft mit einer Gegenleistung – doch vorbereitet. Aber genau auf diese Reaktion hofft der Einkauf natürlich mit seinem – möglicherweise künstlichen – Zeitdruck. Ganz im Ernst: Diese Situation können Sie doch auch anders lösen.
Statt sich in die Enge treiben zu lassen und in eine Torschlusspanik zu verfallen, ist es wichtig, dass Sie in solchen Momenten rational und cool bleiben. Sie lassen sich also gar nicht erst darauf ein, dass es nichts zu verhandeln gibt. Mal unter uns, Sie sind ja schon mitten drin in der Verhandlung. Machen Sie Ihr Angebot so, wie Sie es vorgesehen und ausgearbeitet hatten. Und wenn Sie dem Einkauf dann doch in kleinen Schritten entgegenkommen, gilt wie immer das Prinzip „Kein Entgegenkommen ohne Gegenleistung“ „Wenn Sie zustimmen, dass wir zukünftig immer eine Risikopauschale einkalkulieren, dann können wir Ihnen hier entgegenkommen und auf die Berechnung des Mehraufwands verzichten.“
Fake News oder wahre Worte?
Kommt der Einkauf dann zusätzlich mit bis ins kleinste Detail ausgefeilten Zeitplänen um die Ecke, ist der Spielzeugraub perfekt: „Bis dahin muss das Angebot vorliegen, dann – und nur dann – wird verhandelt, am X. des Monats werden wir den Auftrag vergeben.“ Hinterfragen Sie dabei allerdings: Ist der Zeitplan, den der Einkauf Ihnen nennt, tatsächlich echt? Oder blufft er nur gut, um Sie künstlich unter Druck zu setzen?
Ich kann Sie beruhigen: Nehmen Sie Zeitpläne vonseiten des Einkaufs nicht zu ernst, denn diese sind gut und gerne ein bloßes Konstrukt der Fantasie. Und selbst wenn der Einkauf Ihnen einen echten Zeitplan vorlegt, kann er diesen auch wieder ändern. Da ist nichts in Stein gemeißelt – das sollten Sie jederzeit auf dem Schirm haben. Lassen Sie deshalb immer Luft und Raum für eine zweite oder dritte Runde, auch wenn der Einkauf von Anfang an suggeriert, dass er ab einem bestimmten Zeitpunkt angeblich nicht mehr weiterverhandeln wird.
Was du kannst, kann ich schon lange!
Selbst wenn Ihnen der Einkauf den Verhandlungsfaktor Zeit stiehlt, heißt das ja noch lange nicht, dass Sie damit nicht auch arbeiten können. Natürlich haben Sie als Vertriebler im Gegensatz zum Einkauf oft eine schwächere Machtposition. Doch gerade über den Faktor Zeit haben auch Sie die Möglichkeit, Druck auf die Entscheidung aufzubauen. Setzt Ihnen der Einkauf also die Pistole auf die Brust, so halten Sie dagegen. Rechnen Sie beispielsweise laut vor und fordern Sie eine Gegenleistung für Ihr Entgegenkommen: „Das ist jetzt aber sehr kurzfristig – wenn das Produkt bis zum 15. des übernächsten Monats bei Ihnen stehen soll, dann müssen wir noch diese Woche unsere Vorlieferanten beauftragen und spätestens in drei Wochen mit der Produktion anfangen, wir brauchen also heute, spätestens morgen den Auftrag.“
Durch das Nennen eines genauen Zeitplans können Sie Ihren Zeitdruck erheblich erhöhen. Je genauer der Zeitplan ist, desto plausibler ist er auch. Und desto größer wird der Druck. Zeitdruck ohne Plan wird schnell als Taktik identifiziert und nicht ernst genommen.“
Sie sehen: Die Zeitschiene können in der Verhandlung beide Seiten nutzen. Sie unterlegen das Zeitkonstrukt des Einkaufs Ihrerseits mit einem genauen Zeitplan, der besagt, dass Sie zum Beispiel den Auftrag genau heute brauchen, um alles zeitnah in die Wege leiten zu können. Dann holen Sie noch heute den Abschluss raus. Ohne dabei den Kürzeren zu ziehen.