So nicht! Wann Sie den Verhandlungstisch verlassen sollten
21. September 2017Wenn Sie der Einkauf auf die falsche Fährte lockt …
4. Oktober 2017Da sitzen Sie nun also am Verhandlungstisch: Ihre Papiere fein säuberlich geordnet, die Zahlen übersichtlich beisammen, die Agenda im Kopf gut durchstrukturiert. Kann losgehen!
Aber dass es dann so losgeht?! Innerhalb von 15 Minuten quillt Ihnen der Rauch aus den Ohren vor gedanklicher Anstrengung und Sie können gar nicht so schnell mit den Augen rollen, wie der Einkäufer Ihnen gegenüber von Thema zu Thema springt.
Hat er gut gemacht. Verwirrung gestiftet vom Feinsten. Und wie reagieren Sie jetzt?
War da nicht was?
So bedröppelt sah ich gerade erst vor zwei Wochen eine Verkäuferrunde dasitzen. In einer Fallsimulation hatte der Einkäufer die an sich top vorbereiteten Herrschaften ganz schön an der Nase herum- und mitten in die Verwirrung hineingeführt. „Lassen Sie uns über sämtliche Vertragsarten sprechen und einen einheitlichen Preis finden“, lautete sein Statement zum Einstieg. Die Verkäufer eines großen Personaldienstleisters waren ganz Ohr. Und schon begann der Zirkus: War der Einheitspreis dem Verkäufer zu hoch, wechselte er den Bezugsrahmen. Redete er eben noch von der Vermittlung von Freiberuflern, ging es im nächsten Augenblick um die klassische Arbeitnehmerüberlassung und hey, war da nicht noch ein einheitlicher Preis für alle?
Sie merken, was der Einkäufer hier erfolgreich versucht hatte: Wie ein begabter Jongleur wechselte er so schnell von einem Bezugsrahmen zum nächsten, dass seine Gegenüber gar nicht anders konnten, als am Ende in völliger Verwirrung zu dümpeln. Verhandeln Sie bei dieser wilden Akrobatik mal noch einen vernünftigen Deal!
Wie das nervt!
Natürlich ist bei all der Verwirrung an Vernunft schon lange nicht mehr zu denken. Verkäufer neigen dazu, ungewollte Zugeständnisse zu machen, wenn sie den Überblick zusehends verlieren – Hauptsache, raus aus dem Wirrwarr! Oder die eigentlich gut aufgesetzte Verhandlung mündet in eine Diskussion übers Rechthaben: Das hat der Einkäufer ganz anders konkret angeboten! Und für diesen Fall sollte dieser Preis doch niemals gelten! Da ist es nur menschlich, wenn die Verkäuferseite irgendwann einknickt, weil diese Streiterei zu nichts führt und einfach nur fürchterlich nervt.
Spätestens wenn Sie merken, dass Ihnen Ihre eigenen Zahlen um die Ohren fliegen, gilt es deshalb einzuschreiten und eine Pause zu machen – oder am besten bauen Sie gleich zu Beginn der Verhandlung vor, damit es gar nicht erst zur Verwirrung kommt.
Das Zauberwort heißt: Visualisierung.
Verwirrung im Zirkuszelt
Es mag sehr simpel klingen, aber tatsächlich können Sie einem Großteil aller Manöver zur Verwirrung vorbeugen, indem Sie schlicht einen Stift in die Hand nehmen: Visualisieren Sie, worüber Sie sprechen. Sei es, dass Sie zu Beginn der Verhandlung auf einem Flipchart den Rahmen festhalten, über den die Runde heute diskutieren soll. Oder dass Sie jeweils sehr genau die Bedingungen benennen – und für alle gut sichtbar niederschreiben – in denen Ihre zuletzt genannten Preise gelten. Haben Sie erst einmal schriftlich festgelegt, dass Ihr eben genannter Preis nur bei Großaufträgen gilt und dass erst ab 100 Stück von einem Großauftrag die Rede sein kann – nun, da müsste der Einkauf schon eine ordentliche Portion Frechheit mehr an den Tag legen, um weiter Verwirrung zu stiften und sich über den klar definierten Bezugsrahmen hinwegzusetzen.
Je klarer und deutlicher Sie in der Verhandlung zu Papier bringen, in welchem Rahmen Sie sich bewegen, desto schwieriger machen Sie es dem Einkauf, sich die Zahlen gerade so auszuwählen, wie sie ihm taugen. Seinen Zirkustrick mit der Verwirrung kann er so jedenfalls nicht länger bringen, wenn Sie dem Akrobaten ganz klar aufzeigen, auf welchem Seil er zu tanzen hat.