So lernen Sie im Vorfeld einer Verhandlung Ihr Gegenüber kennen
9. Oktober 2018Verhandlungen sind keine Olympischen Spiele
23. Oktober 2018Stellen Sie sich vor, der Geburtstag Ihrer Frau steht kurz bevor und Sie haben noch kein Geschenk. An diesem Tag findet in Ihrem Viertel ein Flohmarkt statt und dort entdecken Sie dann genau so eine ganz besondere Blumenvase, wie Sie Ihre Frau schon lange sucht. Sie haben keine Ahnung, was die Vase wert ist. Sie signalisieren also dem Verkäufer Ihr Interesse. Er fragt Sie, was Sie bereit sind, zu zahlen. Sie antworten aus dem Bauch heraus: „10 Euro.“ Und der Verkäufer schlägt sofort lächelnd ein: „Ok, Deal!“
Und sofort haben Sie das Gefühl, dass Sie der Dumme sind, weil Sie zu viel gezahlt haben. Und so geht es dem Einkäufer mit dem Sie verhandeln auch, wenn Sie zu schnell Rabatte verschenken – das können Sie als Vertriebler doch nicht wollen.
Der Deal ist noch nicht in trockenen Tüchern
Fühlt sich der Einkäufer als der Dumme, dann wird er den Kampf um die Marge fortsetzen. Wenn Sie fast widerstandslos auf seine Vorschläge eingehen, Schritt um Schritt zurückweichen, ohne Gegenforderungen zu stellen, dann wird der Einkäufer daraus schließen, dass er Ihnen noch nicht genug abgeknöpft hat. Und genau deswegen können Sie nicht wollen, dass sich der Einkäufer als der Dumme fühlt. Sie möchten ja schließlich den Deal zu Ihren Konditionen in trockenen Tüchern wissen – und nicht damit rechnen müssen, dass nachverhandelt wird.
So gehen Sie als Sieger aus der Verhandlung heraus
Verhandeln ist ein Spiel, in dem auf beiden Seiten leicht die Emotionen hochkochen. Dann wird das Spiel wesentlich unberechenbarer, denn auf einmal wird die Ergebnisfindung von ganz anderen Interessen geleitet.
Die Emotion, die Sie dem Einkäufer im Endspurt Ihrer Verhandlung vermitteln müssen, ist ein Triumphgefühl. Der Einkäufer muss sich als Sieger fühlen, muss ganz von der Empfindung getragen werden, dass er Sie besiegt hat, dass er den bestmöglichen Preis bekommen hat und über sie triumphiert.
Zeigen Sie ihm, wie schwer es Ihnen fällt, mit dem Deal zufrieden zu sein. Leiden Sie. Je näher Sie an Ihre Abschlusslinie kommen, umso größer muss Ihr Widerstand werden.
Und am Ende müssen Sie weinen …
Konditionieren Sie den Einkäufer darauf, dass Ihre Schritte unter keinen Umständen größer werden, selbst wenn er noch so viel Druck ausübt. Inszenieren Sie stattdessen Ihre Schmerzen: Verlangen Sie eine Pause. Fragen Sie im Büro, bei Ihrem Chef oder wo auch immer nach. Vertagen Sie die Verhandlung. Lassen Sie sich etwas einfallen. Legen Sie eine gute Show hin, damit es dauert.
Ein Einkäufer hat einmal zu mir gesagt: „Wenn ein Verkäufer sich am Ende einer Verhandlung bei mir bedankt für das gute Ergebnis, dann rufe ich am nächsten Tag an und verhandele nach.“
Wirklich siegen heißt also, sich taktisch klug als Verlierer zu präsentieren. Auf keinen Fall strecken Sie dem Einkäufer lächelnd die Hand entlegen „Ok, Deal!“. Und wenn es nötig ist, damit der Einkäufer sich als Triumphator fühlt, dann müssen Sie am Ende eben weinen.