So drehen Sie das Machtspiel vor Ort
21. März 2019Einer für alle, alle für einen – so klappt es mit dem Key-Account
23. April 2019Aus Harvard kommt eine frohe Botschaft: „Seid am Verhandlungstisch nett zueinander und der Gewinn möge Euer sein!“ Verkündet hat diese gute Nachricht David Shapiro, Professor an der amerikanischen Elite-Uni in seinem neuen Buch „Verhandeln: Die neue Erfolgsmethode aus Harvard.“ Das Nachfolgebuch von „Verhandeln mit Gefühl …“
Um es mit Gefühl zu sagen: Bei diesem Ansatz bekomme ich die Krise. Denn Ihr Gegenüber, der Einkäufer, ist alles andere als nett.
Nett ist die kleine Schwester von …
Meine Verhandlungspartner sind nicht nett, sondern zielorientiert. Und das wird auch Ihre Erfahrung sein. Die Erfahrung nahezu jedes Vertrieblers. Einkäufer wollen die bestmögliche Ware, die besten Dienstleistungen, zum bestmöglichen Preis. Sie wollen den Deal gewinnen. Einkäufer wollen sich Vorteile verschaffen. „Nett sein“ ist auf ihrer Prioritätenliste nicht unbedingt auf Seite 1 zu finden.
Und das hat einen guten Grund, den die Einkäufer in ihrer DNA verbaut haben. Der uns Vertrieblern aber immer noch fremd ist – und uns im Wettbewerb um die besten Deals deswegen ins Hintertreffen geraten lässt: Es geht nicht darum, eine gute Beziehung aufzubauen, sondern darum zu gewinnen.
Wer bekommt die coolsten Mädchen?
Warum lernen dies Vertriebler nicht? Warum sind Sie immer noch zu sehr Verkäufer und zu wenig Verhandlungspartner?
Zur DNA von uns Vertrieblern gehört immer noch, dass wir uns Sorgen machen, mit zu taffem Auftreten, zu hohen Ansprüchen, „zu wenig Nettigkeit“ und Entgegenkommen den Deal zu verlieren.
Aber welcher Junge hat immer die coolsten Mädchen bekommen? Der Nette? Der gut zuhören konnte, der immer parat stand, wenn das Mädchen reden wollte?
Vertriebler sind darauf getrimmt, über Beziehung zu verkaufen. Und das ist auch für einen Verkäufer richtig so. Aber in einer Verhandlung, und hier kann der Professor noch so nett über den großen Teich winken, ist mit Nettigkeit kein Blumentopf zu gewinnen. Denn …
Wer zu nett ist, gibt ohne Gegenleistung!
Erfolgreich verhandelt nur der, dem es gelingt, auf Augenhöhe mit seinem Gegenüber zu kommen. Aber Augenhöhe bedeutet: Klar machen, dass die Beziehung am Verhandlungstisch keine einseitige ist. Geben und Nehmen, das ist die Basis jeder Verhandlungsbeziehung. Sind Sie zu nett, dann geben Sie ohne Gegenleistung.
Ihr Gegenüber runzelt besorgt die Stirn, seufzt und sieht sie flehentlich an: „Ach, der Preis! Da müssen Sie noch 4% runter!“ – und bevor der Einkäufer den Satz beendet hat, springt der nette Vertriebler übers Stöckchen und senkt die Summe um 4%.
An dieser Stelle winke ich dem Professor über den großen Teich zu: „Der ist nicht nett, der hat Schiß in der Bux!“ Wer so handelt, und das passiert Vertrieblern nahezu täglich, zeigt nur, dass er Angst hat, Angst den Deal zu verlieren. Und wer sich mit einer solchen Angst im Herzen an den Verhandlungstisch setzt, der hat schon verloren.
Keine Angst, sondern Augenhöhe
Ich kann es nicht oft genug betonen – und dass ich das immer wieder tue, ist doch wirklich nett, oder? Vertriebler müssen endlich lernen, auf Augenhöhe mit dem Einkauf zu kommen. Das beginnt bei der mentalen Vorbereitung und hört bei den digitalen Daten nicht auf. Das bedeutet natürlich nicht, unfair zu verhandeln, oder Dinge zu versprechen, die Sie nicht halten können.
Dies bedeutet, dass Sie sich klarmachen müssen: Selbst wenn alle Einkäufer das Buch von Herrn Shapiro lesen und auswendig lernen, dann werden Sie dennoch nicht nett mit Ihnen verhandeln.