Vive la Mannschaft: Verhandlungen gewinnen Sie im Team
23. Juni 2016Auf die Länge kommt es an
7. Juli 2016Kein Verkäufer, der diesen Spruch nicht schon gehört hat: „Also wenn Sie uns jetzt im Preis entgegenkommen, dann haben Sie beim Folgeprojekt natürlich bessere Karten.“
Ja genau, ist klar.
Ich verstehe ja, dass der Einkäufer meist am längeren Hebel sitzt und Verkäufer grundsätzlich stärker an einer langfristigen Beziehung interessiert sind. Einkäufer nutzen diese Situation jedoch gnadenlos für sich aus, um kurzfristig für sich etwas rauszuschlagen. Und – die Verkäufer lassen es mit sich machen, weil sie die Kundenbeziehung für die Zukunft nicht belasten wollen. So ein Quatsch. Das geht auch anders.
Langfristige Beziehung vs. kurzfristige Rabatte
Wenn Verkäufer sich in der Verhandlung im Preis drücken lassen und kurzfristig ihr Angebot für den Einkäufer optimieren, dann kegeln sie sich damit langfristig ins Aus. Es bestehen nämlich zwei große Gefahren:
- Informationsexponierung: Wenn Sie sich auf einen niedrigen Preis einlassen, signalisiert das dem Einkäufer, dass es auch zu billigeren Preisen immer noch ein lukratives Geschäft für Sie ist. Das ist eine denkbar schlechte Position für Folgeverhandlungen.
- Gesichtsverlust: Wenn Sie sich im Preis stark drücken lassen, kommt beim Kunden unweigerlich die Frage auf, ob Sie ihn zuvor über den Tisch ziehen wollten oder ob Ihr jetziges Angebot überhaupt noch etwas taugt.
Darum: Achtung vor kurzfristigem Entgegenkommen! Die Karotte, die Ihnen da in Form von zukünftigen Aufträgen winkt, sieht zwar knackig aus, Sie kommen aber selten ran. Und wenn Sie schon meinen, sich darauf einlassen zu müssen, dann halten Sie die Versprechungen wenigstens im Vertrag fest – über Staffelvereinbarungen, degressive Verträge, Langfristrabatte, was auch immer. Und zwar inklusive Strafe, wenn es dann nicht erfüllt wird. Dann sehen Sie mal, was das Wort des (Ein-)Käufers wirklich wert ist.
Einmalkunden melken
Nun aber mal zu einer ganz andren Situation. Es ist ja nicht immer so, dass Sie eine langfristige Beziehung mit Ihrem Kunden pflegen, oder? Es gibt auch viele Branchen, wo es zumeist um einmalige Geschäfte geht. Wer kauft sich schon jedes Jahr einen neue Anlage oder baut eine neue Fabrik?
Weil der Kunde also nicht oder so schnell nicht wiederkommen wird, kann Ihnen Ihr Ruf völlig egal sein – Sie können den Verhandlungspartner über den Tisch ziehen, wenn Sie wollen. Jedenfalls heißt da die Devise: rausholen, was rauszuholen ist. So wie auf dem Touristen-Bazar: Dort finden Sie irrsinnige Preise, weil irgendwann mal einer vorbeikommt und sie zahlt.
Es geht hier eben nicht darum, langfristig ein partnerschaftliches Verhältnis für die nächste Verhandlung aufzubauen. Das versucht die Polizei bei Geiselnehmern ja auch nicht. Da gibt es nämlich (hoffentlich) keine nächste Lösegeldverhandlung.
Echtes Win-Win bei Einigungszwang
Damit sind wir aber noch nicht am Ende, denn es gibt noch eine dritte Situation in Verhandlungen. Eine, in der automatisch und ganz von alleine echte Augenhöhe herrscht: nämlich, wenn es Einigungszwang zwischen den Parteien gibt. Das passiert beispielsweise dann, wenn im Projekt etwas auftaucht, das vorher niemand bedacht hat. Keine der Parteien will oder kann das Projekt platzen lassen, also können, ja müssen sie sich irgendwo in der Mitte einigen. Hier gibt es die kurzfristig-langfristig Problematik nicht, dafür aber ausgeglichene Machtverhältnisse. Das ist übrigens eine der wenigen Situation, in der echtes Win-Win möglich ist.
Was ich also sagen will: Ob Sie der Forderung nach Preisnachlässen oder Ähnlichem nachgehen sollten und wenn ja, wie sehr, hängt ganz von der Situation ab:
Dauerkunde – wenn es sein muss, ein bisschen Geben und Nehmen.
Einmalkunde – keinesfalls.
Bei Einigungszwang – die Win-win-Lösung kommt ganz von allein.
Ich wünsche Ihnen frohes Verhandeln.