Fair? Das ist auf keinen Fall der Preis in der Mitte!
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16. März 2017Als Verkäufer den Auftrag bekommen und die gewünschte Marge durchbringen? Auch für Profis gar nicht so einfach.
Wenn ich mich im Eifer des Gefechts dann so richtig reinhänge, kann es schon mal passieren … „Herr van Eckert, ich weiß nicht, was heute mit Ihnen los ist. Können oder wollen Sie mich nicht hören? Sie treiben mich wirklich in den Wahnsinn. Sind Sie taub, oder was? Ich frage jetzt ein letztes Mal: „Wie viel können Sie uns entgegenkommen?“
Psst, unter uns: Ich bin gar nicht taub, ich weiß nach 30 Jahren im Business nur, wie ich als Verkäufer eine Verhandlung erfolgreich beeinflusse.
Kinder und Politiker wissen, wie’s geht!
Nicht nur für den Verkäufer in einer Verhandlung kann die vorgegaukelte Gehörlosigkeit von Vorteil sein. Jedes Kind beherrscht diese Taktik in Perfektion: „Bitte Louisa, leg das Stofftier zurück ins Regal. Muss ich dir eigentlich alles 100 mal sagen? Wieso hörst du nicht auf mich? Die Leute schauen schon … Na gut, du kannst das Spielzeug haben.“ Gratulation liebe Louisa, du hast soeben eine Verhandlung gewonnen – Dank deinem akuten Anfall von Taubheit.
Und auch Politiker sind sehr erfolgreich in diesem Spiel. Wenn ich boshaft wäre, könnte ich unterstellen, dass dieses Verhalten wohl Aufnahmekriterium in Parteien ist. Egal ob bei Anne Will, Plasberg oder Maischberger, unangenehme Fragen werden einfach ignoriert, eine Antwort bleibt auf immer aus.
Taktisch taub, nenne ich das.
Die Balance am Rande des Wahnsinns
Doch völlig egal, ob Ihr Gesprächspartner ein Einkäufer, Elternteil oder Moderator ist, das Ende vom Lied ist immer dasselbe: Irgendwann ist die Gegenseite verärgert, gereizt und genervt. Oder anders gesagt: nachlässig und anfällig für Fehler.
Genau diese wertvolle Situation können Sie als Verkäufer auch in einer Verhandlung herbeiführen. Fragen nach Skonto? Kommen gar nicht bei Ihnen an. Wie sieht’s mit Rabatten aus? Nichts gehört. Ihre Ohren machen gerade Pause – besonders dann, wenn die Fragen des Einkäufers zulasten Ihrer Marge gehen.
Halten Sie an Ihrer Taktik fest und lauern Sie. Lauern Sie auf den Moment, in dem Ihr Gegenüber vor lauter Verzweiflung am Rand des Wahnsinns balanciert. Dann schlagen Sie zu. Denn Sie wissen ja: Unkontrollierte Emotionen Ihres Gegenübers können sehr einträglich für Sie sein.
Ein gewiefter Verkäufer kennt die Lösung
Diesen Umstand kennen allerdings auch Einkäufer. Deswegen sind Sie nicht davor gefeit, auch mal in eine solche Situation zu geraten. Damit die Taubheit Ihres Gegenübers nicht so kostspielig für Sie wird, könnten Sie so reagieren:
Tipp 1: Nicht aufregen – schließlich wollen Sie keine unbewussten Zugeständnisse machen. Hoffe, ich!
Tipp 2: Geduldig sein – lassen Sie Ihre Schallplatte in Dauerschleife laufen und wiederholen Sie die überhörten Aspekte immer und immer wieder. Der Einkäufer wird schnell merken, wenn Sie sich nicht auf die Masche einlassen und verliert ganz schnell den Spaß daran, Ihre Aussagen zu ignorieren.
Tipp 3: Formulieren Sie Ihr Anliegen geschickt zu Ihren Gunsten. Stellen Sie besser keine Fragen, die unbedingt einer Antwort bedürfen. Sondern formulieren Sie Ihre Wünsche als Aussagen. Schließlich gilt Schweigen in Verhandlungen als Zustimmung: „Okay, dann liefern wir zwei Wochen später.“
Tipp für den Umgang mit ganz hartnäckigen Tauben: Fragen Sie direkt nach „Spreche ich heute irgendwie Chinesisch? Wusste gar nicht, dass ich die Sprache beherrsche.“ Und schwups geht der Zauber dieser Taktik verloren. Die Lauscher des Einkäufers sind umgehend so hörtauglich wie zuvor.
Dann kann wieder ordentlich mit allen anwesenden Ohren verhandelt werden.