Lieber Einkauf, ich habe Zeit!
23. August 2017Verhandeln 4.0
1. September 2017„Für die Zukunft wünschen wir uns noch drei Prozent Skonto und über die Lieferkonditionen sollten wir auch noch reden. Da könnten Sie uns entgegenkommen. Schließlich wollen wir doch eine lange Zeit zusammenarbeiten, oder?“
Hoppla, da geht aber jemand in die Vollen und hält Ihnen schön eine klassische Karotte vor.
Als Verkäufer haben Sie nun zwei Möglichkeiten: Entweder geigen Sie Ihrem Gegenüber lautstark und mit hochrotem Kopf die Meinung, machen keine Zugeständnisse und nehmen ein Scheitern des Langzeitprojekts in Kauf. Oder Sie nutzen ganz einfach die versprochene Zukunft gleich heute schon zu Ihren Gunsten …
Teures Scheitern
Wenn Sie langfristig auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit einem Kunden aus sind, dann wirkt unüberlegtes und stures Verhalten zumeist kontraproduktiv. Denn Scheitern ist bei einem angestrebten Großprojekt letztlich teurer als sich zu einigen. Übrigens für beide Seiten.
Wenn bei Ihnen und Ihrem Verhandlungspartner beispielsweise ein Zwei-Millionen-Euro-Projekt ansteht, wäre es doch leichtsinnig, die Zusammenarbeit wegen eines Meinungsdisputs über 20.000 Euro aufs Spiel zu setzen. Gerade wenn Sie mit dem Projekt über lange Zeit aneinander gebunden wären und eine tolle Beziehung aufbauen könnten. Auf der anderen Seite sind 3 Prozent Skonto und verbesserte Lieferbedingungen schnell 100.000 Euro und dann ist vielleicht schon die Hälfte Ihres Profits weg!
Verschenken sollten Sie Ihr Entgegenkommen deshalb auf keinen Fall. Machen Sie sich bewusst, dass Sie die Perspektive durchaus für sich spielen lassen können. Vielleicht geben Sie das eine oder andere Zugeständnis mehr als üblich, aber nur wenn Sie am gleichen Tag einen langfristigen und lukrativen Deal eintüten können.
Die Argumentation mit der Zukunft
Doch natürlich wäre ich nicht ich, wenn ich Ihnen hier jetzt sagen würde, dass Sie jede Forderung ohne Augenzucken hinnehmen sollen, nur weil im Hintergrund eine rosige Zukunft winkt. Ganz nach dem Motto: „Wer hat noch nicht, wer will noch mal?“
Ich empfehle Verkäufern stattdessen, dass sie ihr Wissen von der Wichtigkeit der Zukunft geschickt und intelligent einsetzen und mit dem eigenen Kundenlangfristnutzen kombinieren, um so doch noch einen Vorteil für sich rauszuschlagen. „Drei Prozent Skonto? Das ist aber ganz schön knackig. Würden Sie wirklich ein Scheitern unseres gemeinsamen Langzeitprojekts dafür riskieren? Bedenken Sie doch: Nur wir sind in der Lage, Ihnen … (Hier steht Ihr Langfrist-USP, z.B. dauerhaft für die nächsten 15 Jahre eine Ersatzteilversorgung zu garantieren). Stellen Sie sich nur mal vor, was ein Scheitern für Ihr Unternehmen in der Zukunft bedeuten würde. Mir sind die Konsequenzen für Sie bewusst, deshalb denke ich, dass wir Ihnen 2 Prozent gewähren können, wenn Sie im Gegenzug die Preisgleitklausel akzeptieren.“
Sie setzen mit einem Blick in die Zukunft den Augenblick in eine andere Relation. Machen Sie Ihrem Gegenüber deutlich: Eine Nichteinigung tut nicht nur Ihnen weh, sondern bedeutet auch für ihn weitere Mühen und Kosten!
Worst-Case führt zu Best-Case
Scheuen Sie sich nicht, hier ruhig ein bisschen den Teufel an die Wand zu malen. Was könnte den einzelnen Beteiligten in der Zukunft entgehen, wenn Sie heute nicht zusammenkommen? Wäre eine langfristige Zusammenarbeit überhaupt noch möglich? Wie viel schlechter oder teurer ist die Alternative des Einkäufers auf lange Zeit gesehen?
Sie schaffen somit das Worst-Case-Szenario für beide Seiten und machen sich gegenseitig auf diese Weise zur besten Option. So geben Sie vielleicht am Ende noch ein bisschen nach oder legen noch ein paar Prozent Rabatt drauf – aber Sie zurren eben auch ganz sicher langfristig einen Vertrag fest, der die gemeinsame profitable Zukunft handfest besiegelt.