Auf Augenhöhe mit dem Einkauf
17. März 2019Wollen Sie gemocht werden oder Gewinn machen?
4. April 2019Machtspiel vor Ort: Wie krass muss es sich für eine Fußballmannschaft anfühlen, wenn sie als Auswärtsspieler beim großen FC Bayern aufläuft? Und wie für einen Vertriebler beim großen Kunden?
Die Parallelen fielen mir wieder auf, als ich vor kurzem in der Allianz Arena zu Gast war.
Wie Sie ein Machtspiel auf dem Spielfeld des anderen zu Ihren Gunsten drehen können, erfahren Sie beim Weiterlesen.
Machtdemonstration
Im Fußball wie im Vertrieb nutzt die Heimmannschaft Ihre Machtstellung aus, um den Gast, den sie empfängt, einzuschüchtern. Eines meiner Lieblingsbeispiele, welche Tricks Einkäufer nutzen, um Vertriebler zu schwächen, ist der Warteraum eines mir bekannten großen IT-Unternehmens.
Die „Auswärtskabine“ sozusagen. Objektiv betrachtet ein schöner Raum. Wer ihn betritt, nimmt das besondere Licht wahr, das ihn durchflutet. Er wirkt hell und freundlich.
Doch nach wenigen Minuten brennt dem Wartenden erbarmungslos die Sonne auf den Kopf und den dunklen Anzug. Die Luft im Raum steht und heizt sich von Sekunde zu Sekunde weiter auf. Beschattung? Null. Weder ein Wasserspender noch ein Getränkeautomat in der Ecke. Kein Empfangspersonal weit und breit, das Sie um ein Glas Wasser bitten könnten. Ich kenne diesen Raum seit Jahren. Das Schild mit der Aufschrift „Klimaanlage defekt“ hängt seit damals.
„Zufälligerweise“ gehen die Spielchen im Verhandlungsraum weiter …
Abseits
Der Vertriebler wird auf der Seite des Tisches platziert, auf der kein Wasser, kein Kaffee, kein Saft steht. Auf der anderen Seite des Tisches befinden sich alle drei Getränke in Reichweite der Einkäufer.
Wie? Ich höre Sie einwenden: „Das macht doch heute keiner mehr.“ Sind Sie da sicher? Ich nicht. Die Methoden sind subtiler, aber die Machtdemonstration ist immer da. Wie entkommen Sie ihr?
Überlegen Sie sich, welches Setting Sie erwartet und wie Sie die Situation zu Ihren Gunsten drehen können. Denn wenn Sie so eine Behandlung schlucken, verstärkt es die bestehende Asymmetrie zwischen dem Einkäufer und Ihnen als Vertriebler. Sonst kommen Sie nie auf Augenhöhe – und die ist Ihr wichtigstes Argument in einer Verhandlung.
Raumdeckung
Sie müssen also zuerst die Tricks durchschauen. Das hilft Ihnen bereits, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Um dann auch noch gut damit umzugehen, sollten Sie Ihre eigene Aktion vorbereitet haben.
Wenn Sie zum Beispiel erlebt haben, dass Ihnen absichtlich kein Getränk hingestellt worden ist: Bringen Sie sich Ihr eigenes Wasser mit. Haben Sie noch dazu eine süffisante Bemerkung zu hören bekommen, dass sich das Unternehmen bei Ihren Preisen keine Gästegetränke mehr leisten kann, sagen Sie: „Wir wollen das Geschäft schließlich nicht an den Getränkekosten scheitern lassen.“ Und ziehen dabei freundlich lächelnd die Flasche aus der Tasche und stellen Sie auf den Tisch. Seien Sie schlagfertig! Falls Ihre Schlagfertigkeit nicht immer pünktlich ist, können Sie solch einen Return auch vorbereiten.
Schusssicherheit
Hat der Einkäufer einen ungünstigen Platz am Verhandlungstisch für Sie vorgesehen? Haben Sie die Tür im Rücken oder die Sonne im Gesicht? Suchen Sie sich selbst einen Platz aus und nehmen Sie ihn ein, selbst wenn der bereits demonstrativ durch einen Laptop oder Unterlagen als besetzt markiert ist.
Sie denken, „Das traue ich mich nicht“? Oder Sie wollen höflich bleiben? Dann fordern Sie wenigstens freundlich, aber bestimmt, dass Ihr Gastgeber die Jalousie herunterlässt, damit Sie nicht mehr geblendet werden.
Mir ist klar, für solche Aktionen braucht es Mut. Den bringen Sie umso leichter auf, je klarer Sie sich vorab zu diesem Schritt entschlossen haben.
Fangen Sie an zu kämpfen! Das hätten Sie dann mit dem FC Bayern (und mit dem Auswärtsteam) schon mal gemeinsam.